Massentierhaltung gefährdet unser Grundwasser

Pressemitteilung vom 21.09.2016

Massentierhaltung gefährdet unser Grundwasser
Die Natur vergisst nichts. Die neuesten Untersuchungen sind alarmierend: Unser Grundwasser wird verunreinigt. Die Grenzwerte für Nitrat werden bundesweit an 25% der Messstellen überschritten. In NRW sollen bereits 40% der Grundwasservorkommen kontaminiert sein, wie das Umweltbundesamt auf eine Anfrage der Grünen jetzt mitteilte. Erschreckend ist die Tendenz. Erschreckend ist auch, dass man weiß, wodurch das Nitrat in die Böden und (mit zeitlicher Verzögerung) ins Grundwasser kommt: Es ist die Überdüngung, in erster Linie durch Gülle auf den Flächen. Und warum ist dies so?

Was von Seiten der Agrarindustrie so harmlos als „Intensivtierhaltung“ bezeichnet wird, ist die Massentierhaltung. Maximaler Profit bei geringsten Kosten für die Fleischversorgung bedeutet eben nicht nur Tierquälerei auf engstem Raum, ohne Tageslicht und Auslauf, industrielles Tierfutter, computergesteuerte Aufzucht, Breitbandmedikation (Antibiotika), bis zur industriellen Schlachtung. Fleisch war noch nie so billig wie heute. Manche bezeichnen dies als „Vorteil für den Verbraucher“. Aber ist es ein Vorteil, sich minderwertig gewachsenes Fleisch einzuverleiben? 59,2 kg Fleisch verzehrten die Deutschen pro Kopf im Jahr 2015. Die Heinrich-Böll-Stiftung errechnete im „Fleischatlas“, dass ein Bewohner Deutschlands in seinem Leben im Schnitt zwischen 635 und 715 Tiere „verbraucht“.

Billigfleisch ist teuer

Ein Großteil der Massenware Fleisch wird exportiert. Erzeugt wird das Fleisch hierzulande, überwiegend in industriellen Großanlagen, die mit traditioneller Viehhaltung nichts mehr gemein haben. Die anfallenden Fäkalien und die nitrathaltige Gülle werden mit speziellen Tanklastwagen auf die Äcker gebracht. Ein Großteil zersetzt sich durch Bakterien in den oberen Bodenschichten. Bei der immer größeren Menge verlieren die Böden jedoch allmählich die Fähigkeit, die konzentriert aufgebrachte Gülle abzubauen. In verschiedenen Gutachten heißt es: „Das Nitratabbauvermögen im Grundwasserleiter ist endlich und wird kontinuierlich aufgebraucht.“ Weitere Einträge (Sulfat, Stickstoff und Hydrogencarbonat) sickern bei Überdüngung bis ins Grundwasser. All dies sind Folgen der intensiven Landwirtschaft, die mit der bäuerlichen Bewirtschaftung früherer Zeiten kaum noch etwas zu tun hat.

Die Lobby-Verbände der Agrarindustrie und ihre Vertreter in den Landwirtschaftskammern wehren sich heftig und meist erfolgreich gegen verschärfte Auflagen. Kritische Nachfragen werden damit beantwortet, dass man ständig „im Dialog“ stehe und keine neuen Reglementierungen brauche. Wie heftig – und wie grundsätzlich – dieser Streit ist, konnten und können wir erleben an der Auseinandersetzung um die verlängerte Zulassung von Glyphosat. Der Teufelskreis: Billige Wurst und Fleisch erhöhen die Nachfrage, den Konsum. Dies und der gnadenlose Preiskampf führen zu noch intensiverer Massentierhaltung und industrieller Bodenbewirtschaftung. Irgendwann werden unsere Grundwasservorräte unbrauchbar werden oder sie müssen für teures Geld der Steuerzahler wieder nutz- und trinkbar gemacht werden. Das vermeintlich billige Fleisch wird am Ende doch sehr teuer.

Vor Ort: Der Wasserbeschaffungsverband Wasserwerk Begatal

Dieses Gemeinschaftsunternehmen ist verantwortlich für Bad Salzuflen und Herford. Dort wird die Entwicklung mit Sorge beobachtet. Der kritische Wert von 50 mg Nitrat pro Liter wird bereits an einigen Bohrstellen überschritten. Derzeit ist jedoch die Wasserversorgung noch „im grünen Bereich“. Denn bevor das entnommene Wasser in die Versorgung über die Stadtwerke gelangt, wird es geprüft und „verschnitten“, sodass man deutlich unter den zulässigen Grenzwerten bleiben kann. Studien zeigen aber, dass die Fähigkeit der grundwasserführenden Böden, den Schadstoffeintrag abzubauen, schneller abnimmt als bisher angenommen.

Konkret bedeutet dies: Falls sich die Entwicklung fortsetzt oder gar beschleunigt, werden bestimmte Brunnen auf-gegeben werden müssen. Zudem muss in die zusätzliche Aufbereitung des Wassers investiert werden – „im oberen 6-Stelligen Bereich“, wie es heißt. Schon bald werden sich die Vertreter des Wasserbeschaffungsverbands Wasserwerk Begatal erneut mit dem Thema befassen müssen.

EU mahnt: Hausaufgaben nicht gemacht

Deutschland wurde inzwischen beim Europäischen Gerichtshof verklagt, weil trotz Abmahnung keine Maßnahmen ergriffen worden sind, die Vorgaben zur Wasserreinhaltung umzusetzen. Dies betrifft in erster Linie den Nitrateintrag in Böden und Gewässer. (Wasserrahmen-Richtlinie 91/676/EWG vom 12.12.1991!) Die geplante neue Gülle-Verordnung ist immer noch nicht aus-verhandelt, vor allem wegen der Widerstände der Agrarlobby.

Beitragsbild von piu700 / pixelio.de