Haushaltsrede 2024

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Ratskolleg*innen,
sehr geehrte Damen und Herren,

wenn ich aktuell auf die Proteste auf den Straßen in ganz Deutschland blicke, dann schöpfe ich neuen Mut. 100.000e Menschen demonstrieren aktuell gegen die Angriffe auf unsere Demokratie von Rechts.

Auch hier vor Ort in Schötmar haben Ende Januar über 700 Menschen zusammengefunden, um gemeinsam für unsere Demokratie einzustehen.

Die Menschen grenzen sich klar von Rechtsextremisten und deren Parolen ab, denn eins ist klar: populistische, rechte Parolen bringen keine Lösungen, sie wirken als Brandbeschleuniger in der Spaltung unserer Gesellschaft.

Nun geht von den Demonstrationen auf den Straßen aber neben dem Mut und der Kraft auch eine klare Erwartung aus: In den Parlamenten müssen wir wieder viel stärker mit Sachargumenten für die beste Lösung streiten und diese umsetzen.

Wir hier vor Ort tragen die Verantwortung, ein gutes Zusammenleben in unserer Stadt zu ermöglichen. Dazu gehört unter anderem:

  • Wir sind in der Verantwortung gute und zukunftsfähige Schulen bereitzustellen
  • Wir suchen nach Lösungen um ausreichenden und bezahlbaren Wohnraum sowie Aufnahmekapazitäten für Geflüchtete in Bad Salzuflen zu schaffen
  • Und wir sind in der Verantwortung Lösungen zu schaffen, die nachhaltig sind, die auch kommenden Generationen gerecht werden

Wenn ich nun auf die Zusammenarbeit im Stadtrat im vergangenen Jahr zurückblicke, dann gibt mir diese zu denken. Denn die Art, wie wir uns auseinandersetzen, hat sich seit dem Beginn der Ratsperiode verändert:

Oft scheint es einigen Beteiligten nicht mehr um Sachargumente zu gehen. Oft scheint es speziell den Fraktionen in der Opposition und Einzelratsmitgliedern mehr darum zu gehen, bei Lippenbekenntnissen und Konzepten in Schubladen zu verbleiben, die Umsetzung aber zu verhindern, es geht ihnen darum Altes zu bewahren und sich der Verantwortung für Entscheidungen zu verwehren.

  • Wie kann es sonst sein, dass die Fraktion einer sozialdemokratischen Partei einen Haushalt in einer solch schwierigen Haushaltslage, der es aber weitestgehend schafft ohne die Kürzung sozialer Leistungen auszukommen, im Hauptausschuss ablehnt?
  • Wie kann es sein, dass sowohl FDP, Freie Wähler als auch SPD ein so lange von allen Fraktionen ersehntes und von einem Fachbüro erstelltes Radverkehrskonzept ablehnen, wobei Freie Wähler und SPD im Hauptausschuss dabei sogar ihren eigenen Fachpolitikern widersprechen, die zunächst zugestimmt haben?
  • Und Wie kann es sein, dass ich in der SPD-Zeitung lesen muss, dass ein grünes Konzept und grüne Werte in der Koalition mit der CDU nicht erkennbar wären?

Ich will gerne begründen, warum wir die Vorschläge der SPD- Ratsfraktion im letzten Jahr oft abgelehnt haben: Wir fanden sie einfach nicht gut durchdacht. Wir haben die kommunale Wärmeplanung als Koalition bereits sehr genau im Blick, und durch Fördermittel kann sie sehr zeitnah umgesetzt werden– und auch der Vorwurf wir Grüne würden verhindern, dass die Britensiedlung in moderne Wohnparks umgewandelt wird. Was soll ich dazu sagen? Die Beschlusslage ist bekannt und diese Beschuldigung geht komplett an der Realität vorbei. Ich habe den Eindruck, dass sie bewusst Tatsachen verdrehen und damit Vertrauen verspielen.

Ich fürchte aber: Wenn das Vertrauen der Menschen für solche taktischen Manöver aufs Spiel gesetzt wird, schaden wir der Reputation des Stadtrates als Ganzes. Der entstehende Eindruck ist dann nämlich, dass wir nicht handlungsfähig sind. Und genau darauf zielen antidemokratische Kräfte.

Dabei haben wir in den letzten Jahren so viel wichtiges und zukunftsweisendes für unsere Stadt erreicht:

  • Wir haben den Busverkehr neu ausgeschrieben, und endlich wird es in diesem Jahr einen ÖPNV in der Stadt geben, , der zuverlässig im Halbstundentakt fährt. Auch die lang ersehnte Busverbindung zur Straßenbahn nach Milse wird umgesetzt.
  • Wir haben das Schülerticket eingeführt, so dass die Kinder und Jugendlichen  – natürlich auch dank der Einigungen auf Landes- und Bundesebene  – mobil in Salzuflen und auch in Nachbarstädten sind
  • Das Kinder- und Jugendzentrum @on hat seinen Betrieb mit neuem Konzept und frischer Kraft endlich wieder aufgenommen
  • Das Kurhaus wird ganz aktuell zu einem modernen Kongresszentrum umgebaut
  • Das Vitasol ist verkauft und die Staatsbad GmbH wird zum Gesundwerk mit klarem Markenkern weiterentwickelt.
  • Die kommunale Wärmeplanung ist auf dem Weg und endlich finden sich PV-Anlagen auf vielen kommunalen Liegenschaften

Im vorliegenden Haushaltsplan für die kommenden Jahre sehen wir nun, dass unser Handlungsspielraum klein geworden ist, und wir mit einem großen Defizit planen müssen. Aktuell kann dieses Defizit noch aus Rücklagen ausgeglichen werden, aber diese Rücklagen sind endlich und das macht die zukunftsorientierte Gestaltung unserer Stadt umso schwieriger.

An dieser Stelle möchte ich unserer Kämmerin und dem gesamten Team der Kämmerei für die Aufstellung dieses Haushaltsplans danken. Es stehen viele gute, richtige und wichtige Projekte in diesem Haushalt. Ich kann schon jetzt vorgreifen: Wir Grüne stimmen dem Doppelhaushalt für 2024/ 2025 sowie dem Stellenplan zu.

Leider treffen wir aber auch auf einige alte Bekannte im Haushalts- bzw. Wirtschaftsplan.

Politische Beschlüsse, die wir schon vor Jahren gefasst haben, die noch immer nicht umgesetzt sind oder veränderte Gesetze/ Rahmenbedingungen, für die wir einfach Geld ausgeben müssen, die Umsetzung aber stockt.

Doch umso länger es dauert, umso weiter steigen die Kosten und umso weniger wahrscheinlich wird es, dass wir Rechtsansprüche noch pünktlich erfüllen können.

  • Ich denke hier an die Umsetzung eines Spielplatzes im Landschaftsgarten, den wir vor über 2 Jahren beschlossen haben und bis heute kein Konzept zur Umsetzung vorliegt.
  • Ich denke an die stockenden oder noch nicht gestarteten Baumaßnahmen insbesondere an den Schulen. G9 und der OGS-Rechtsanspruch werden kommen, und wir brauchen dringend Lösungen.
  • Ich denke daran, dass die Schulwege zu den Schulzentren bis heute nicht auditiert sind und die Schulwegsicherheit trotz politischen Beschlusses vor Jahren bis heute nicht umgesetzt ist.
  • Und ich denke daran, dass wir bis heute keine verbindlichen Ziele formuliert haben, um Klimaneutralität für unsere Stadt zu erreichen.

Hier muss endlich etwas passieren!

Bei der Beratung des vorliegenden Haushaltsplans waren uns GRÜNEN 2 Dinge wichtig: Wir müssen verantwortungsvoll konsolidieren und gleichzeitig in die Zukunft investieren.

An dieser Stelle möchte ich vielen Dank an alle Beteiligten in Politik und Verwaltung sagen für die konstruktive Zusammenarbeit bei der Abstimmung der politisch beschlossenen Konsolidierungsmaßnahmen.

Und doch ist die wichtigste Richtschnur für unsere Stadt sie weiter zukunftsfähig und nachhaltig zu gestalten.

  • Dazu gehört für uns, dass wir unseren Unique Selling Point, das Staatsbad mit seinen Einrichtungen, Veranstaltungen und demnächst dem Kongresszentrum im Kurhaus klug weiterentwickeln und als Tourismusstandort noch attraktiver werden.
  • Dazu gehört, dass die Ortsteile und die Quartiere in der Kernstadt im Rahmen von Dorfwerkstätten nach den Bedürfnissen der Menschen entwickelt werden
  • Dazu gehört, dass wir das Gewerbegebiet in Lockhausen und das Baugebiet im Südfeld nachhaltig entwickeln
  • Dazu gehört, dass in der Verwaltung das Personal vorgehalten wird, um ein beschlossenes Radverkehrskonzept auch umzusetzen
  • Dazu gehört die Schaffung bezahlbaren Wohnraums
  • Dazu gehört, dass wir uns um einen massiven Ausbau erneuerbarer Energien bemühen. Und wenn hier das Kapital fehlt, dann sollten wir über die Beteiligung von Bürger*innen bei der Planung neuer PV-Anlagen nachdenken.
  • Und dazu gehört, dass wir genügend Aufnahmekapazitäten für Geflüchtete schaffen und ihre Integration sicherstellen; Wir bleiben immer sozial und verlieren die Schwachen in unserer Gesellschaft nie aus dem Blick.

Für die kommenden Jahre braucht es Mut, es braucht Gestaltungswillen und es braucht Priorisierung. Unsere Ziele und Beschlüsse müssen mehr sein als Lippenbekenntnisse. Sie müssen einen Weg in die Umsetzung finden.

Und zum Stichwort Umsetzung möchte ich last but not least einige Worte an unseren Bürgermeister richten. Herr Tolkemitt, ich möchte Ihnen herzlich danken, für die gute vertrauensvolle Zusammenarbeit, für die Visionen, die Sie in den vergangenen Jahren für die Stadt entwickelt haben und Ihre Beharrlichkeit, mit der sie diese Visionen auch verfolgt haben. Wir freuen uns, dass wir mit Ihnen so viele „schwere Brocken“ bereits erfolgreich angehen konnten und wir sind uns sicher, dass wir mit Ihnen als Bürgermeister auch die kommenden Zukunftsaufgaben, aktiv und tatkräftig angehen werden.

Liebe Ratskolleg*innen, sehr geehrte Damen und Herren,

es ist an uns, dass der große Protest auf den Straßen gegen die Angriffe von Rechts und FÜR die Demokratie zu einem Ansporn wird.

Ich bin fest davon überzeugt, dass es uns gelingen kann, die kommenden Herausforderungen anzugehen, wenn wir als Demokrat*innen respektvoll und konstruktiv zusammenarbeiten. Seien wir hier in Bad Salzuflen ein Vorbild im Ringen um den richtigen Weg. Zeigen wir den Bürger*innen, dass es sich lohnt, sich für ein sozial, wirtschaftlich und ökologisch lebenswertes Bad Salzuflen zu engagieren.

Wir GRÜNE stehen dafür bereit.

Wiebke Kopsieker

(Vorsitzende Ratsfraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)