Lektüre zur Ermutigung: Vom Ende der Klimakrise 3. Januar 20209. September 2024 | Ingo Scheulen Rezension: Vom Ende der Klimakrise. Von Luisa Neubauer und Alexander Repenning, 300 Seiten, www.tropen.de, 18,00 EUR Die Klimakrise ist bei uns angekommen. Spätestens seit dem langen, heißen und trockenen Sommer 2018 und der Bewegung Fridays for Future ist die Klimakrise kein bloßes Expertenthema mehr. Sie ist bei uns angekommen. Was auf uns zurollt, ist eigentlich keine Überraschung. Es laufen Prozesse ab, die die Menschheit in Gang gesetzt hat. Die Ursachen sind sehr vielfältig, aber sie sind im Grunde bekannt. Je eingehender man sich damit beschäftigt, umso unausweichlicher scheint es, dass wir im Lauf dieses Jahrhunderts auf eine echte Katastrophe zulaufen. Aus der großen Zahl von Medienbeiträgen und Literatur sticht ein Buch heraus: Vom Ende der Klimakrise. Zwei junge Leute haben recherchiert, zusammengetragen und geordnet, was wir über die Klimakrise wissen (können) und welches Risikospiel wir mit der Zukunft eingegangen sind. Das haben auch andere bereits getan. Allerdings lassen sie uns gelegentlich ratlos, hilflos und depressiv zurück. Anders dagegen Luise Neubauer (Jahrgang 1996) und Alexander Repenning (Jahrgang 1989). Sie zeigen in ihrem sehr gut gegliederten Buch, dass menschliches Wirtschaften, der Umgang mit Natur, unseren Mitmenschen und Mitgeschöpfen zu mindestens 80% verantwortlich dafür ist, dass sich der Planet aufheizt. Es sind biophysikalische Prozesse, die inzwischen mit einer Eigendynamik ablaufen. Die stören schon jetzt die bisherige Balance im Erdsystem, die seit Ende der letzten Eiszeit vor 11.700 Jahren relativ stabil war. Seit 250 Jahren ist unsere Gattung homo sapiens erfolgreich dabei, auch die letzten Winkel der Erde zu erobern und umzugestalten. Wenn man etwas ändern will, muss man wissen, nicht vermuten. Man muss wissen, was auf uns zukommen kann. Mit derzeit knapp 7,8 Milliarden haben wir Menschen ohne Absicht das Erdsystem verändert. Die Atmosphäre haben wir durch Treibhausgase (CO2, Methan und andere) im Vergleich zu vorindustriellen Zeiten um global 1 Grad aufgeheizt. Die Ozeane sind nicht nur mit unserem Zivilisationsmüll Plastik kontaminiert. Sie speichern (glücklicherweise) immer mehr CO2, wodurch sie versauern. Die dreimal so schnelle Erwärmung in der Arktis hat eine instabile Veränderung des Jetstreams bewirkt. Das wiederum hat zur Folge, dass es häufigere und heftigere Extremwetterereignisse gibt. Neubauer und Repenning beschreiben kompetent, anschaulich und eindringlich, was Stand der Dinge ist. Ursachen und Verursacher werden benannt. Dies bejammern sie jedoch nicht, sondern sie zeigen, dass das, was so harmlos mit Klimawandel bezeichnet wird, eine menschengemachte Existenzkrise ist. Damit, so ihre Botschaft, haben wir es aber auch in der Hand, das fatale globale Fieber begrenzen und auf lange Sicht wieder senken können. Die Beiden präsentieren keine fertigen Antworten, aber sie stellen die richtigen Fragen. Fragen, die über die bloße CO2-Vermeidung hinausgehen. Luisa Neubauer nennt sich selbst Possibilistin. Sie will damit ausdrücken, dass es möglich (possible) ist, den Kurs zu ändern. Noch. Und das ist die Herausforderung: Viel kostbare Zeit zum Handeln ist verloren. Und manche Folgen der Klimakrise werden nicht mehr aufzuhalten sein. Aber uns bleibt noch ein Zeitfenster. Zum sofortigen Handeln. Manche Zeitgenossinnen und Zeitgenossen beklagen sich über die Lautstärke und den Rigorismus von Fridays for Future mehr als über den Grund ihrer Empörung. Wenn man aber wie die beiden Autoren noch 5 oder 6 Jahrzehnte Lebenszeit vor sich hat, dann sind harte Ansagen und Anklagen wie das „How dare you“ von Greta Thunberg gerechtfertigt. Luisa Neubauer und Alexander Repenning beschreiben, was sie in den letzten beiden Jahren erlebt und gelernt haben. Sie wollen damit ermutigen. Mit ihrem leicht lesbaren Buch ist ihnen das gelungen.
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